Bei „Du fragst – ich antworte“ geht es heute darum, wie konsequent oder – besser gesagt – klar man beim Training sein sollte. Das Training zur Beißhemmung ist ein wunderbares Beispiel.
Die Frage lautet:
„Ich bin begeistert von deinem Online Welpenkurs und dem EBook ‚Vom Piranha zum Lämmchen‘. Das Trainieren der Beisshemmung geht bei unserem 10 Wochen alten Labrador so gaaaaanz langsam voran. Was ich nicht nachlesen konnte oder überlesen habe: Muss man auch leichtes Knabbern unterbinden? Wenn ja, müsste jede Interaktion nach kürzester Zeit unterbrochen werden. Wir tun das im Moment, fühlen uns dabei aber nicht gut. Wie siehst du das?“
Meine Antwort
Kommt drauf an.
Klarheit macht es einfach
Grundsätzlich gilt aus meiner Sicht: Mach es dem Tier so einfach wie möglich. Wann ist es einfach? Bei einem klaren ja oder nein.
In diesem speziellen Fall also:
Menschenhaut ist immer tabu. Es ist SOFORT Schluss mit Lustig, wenn Menschenhaut erwischt wird. Und sei es noch so sanft.
Und ja, es kann sein, dass gerade am Anfang die Interaktionen sehr oft unterbrochen werden müssen. Du unterbrichst doch meist nur für wenige Sekunden, dann geht es ja schon weiter. Je konsequenter man ist, umso schneller wird sich das ändern. Denn der Hund lernt dann ganz schnell:
„Wenn ich Menschenhaut erwische, hört das Spiel sofort auf. Ich muss aufpassen, wohin ich beiße.“
Unklare Kriterien machen es schwer
Ist es mal so und mal so, wird es schwierig für den Hund. Zumal der eine Mensch etwas noch als sanft empfindet, wo ein anderer der Meinung ist, das ist zu fest.
So wird das gesamte Training sehr schwammig und du machst es dem Hund sehr schwer, zu verstehen, was okay ist und was nicht. Denn die Kriterien dafür verändern sich andauernd. Sie sind nicht klar.
Es ist ja auch nicht so, dass der Hund gar nicht knabbern darf. Selbstverständlich solltest du ihm ausreichend Knabbersachen und Spieli zur Verfügung stellen, gerade beim Zahnwechsel. Da ist das Knabber- und Kaubedürfnis besonders groß. Er soll aber auch, wenn du das Zerrseil in der Hand hast genau aufpassen, wo er seine Zähne platziert.
Bin ich da wirklich immer so streng?
„Bist du da echt knallhart?“ werde ich dann oft gefragt.
Ich persönlich für mich ja. Zumindest, wenn es um Beißhemmung geht. Ich habe in meinem Leben zu vielen wirklich bissigen Hunden wieder auf den richtigen Weg helfen dürfen, als dass ich Hundezähne an mir in irgendeiner Form schätze.
Es gibt sehr sanfte Hunde
Tatsächlich gibt es Hunde, die sehr sanft mit ihren Zähnen sind. Und es gibt Menschen, die gerne von Hunden angeknabbert werden. Wird dann mit dem eigenen Hund geübt, dass er das nur bei seinem Menschen macht, ist es für mich okay.
Schwierig finde ich es, wenn in der Familie Kinder sind, womöglich viel Besuch kommt und man nicht immer ein Auge drauf hat.
Es muss ja gar nicht böse gemeint sein. Ein Kind oder ein älterer Mensch mit dünner Haut erschrickt sich und zieht die Hand abrupt weg und schon gibt es einen Kratzer.
Wie schnell heißt es dann: Der Hund hat gebissen. Und ratzfatz hat man jede Menge Ärger am Hals. Das geht heutzutage extrem schnell. Warum sollte man sich das nicht ersparen, wenn es darüber hinaus viel einfacher ist für den Hund, wenn ganz klar ist, was erlaubt ist und was nicht?
Gilt auch für andere Übungen
Ich fand die Frage sehr spannend und möchte hier noch etwas tiefer auf einen Aspekt eingehen, den man hier rauslesen kann. Wir denken ja häufig, wir machen es einfacher, wenn wir es schwammiger machen.
Irgendwie fühlt es sich für uns oft besser an, wenn wir so ‚ein bisschen richtig‘ belohnen.
- War ja nicht so fest gebissen, das lasse ich zu.
- Eigentlich wollte ich die andere Pfote, aber egal, war ja eine Pfote.
- Ich wollte nur einen Nasenstups und nicht gleichzeitig die Pfote, egal, die Nase war ja auch dabei.
So belohnen wir ganz oft Dinge, die wir am Ende nicht haben wollen. Weil wir es dem Tier leichter machen wollen. Es fühlt sich nicht schön für uns an, wenn wir das nicht belohnen. So ein bisschen richtig war es doch. In Wirklichkeit machen wir es dem Tier gar nicht einfacher, sondern verwirren es nur.
Überleg mal! Was sagen wir dem Tier, wenn wir so belohnen wie oben beschrieben?
- Wie jetzt? Darf ich doch in den Menschen beißen?
- Ach so, ist egal, welche Pfote ich nehme?
- Ah, ich soll also Nase und Pfote gleichzeitig nehmen.
Deshalb verabschiede dich von dem Gedanken, dass du es einfacher für das Tier machst, wenn deine Kriterien schwammig sind. Es fühlt sich nur für dich selbst oft besser an, weil du mehr belohnen kannst.
Du wirst schneller ans Ziel kommen, wenn du ganz klare Kriterien hast. Schwarz – weiß. Ja – nein. Richtig – falsch.
Hinweis: Ist das Ergebnis nicht das gewünschte, sollst du deinen Hund ja nicht verprügeln oder sonst wie strafen. Es passiert einfach nichts, wenn er nicht das zeigt, was du wolltest. Das ist Information genug. Er bekommt keine Belohnung. Das ist alles. Das reicht. Das ist klar.
Probiere es einfach mal aus. Du wirst dich wundern, wie schnell dein Hund lernt, weil ihm ganz schnell sehr klar wird, was du von ihm willst.
Claudia